Der höchste Allgäuer ist immer eine Besteigung wert. Ich war bereits mehrfach oben und es ist immer wieder ein Traum. Der Gipfel ist, trotz langer Anlaufwege, oft sehr gut erwandert und man ist definitiv nicht alleine unterwegs. Schon eine Weile habe ich mich mit dem Gedanken der Überschreitung auseinandergesetzt. Es gibt viele Videos und Berichte, in denen der Große Krottenkopf im freien Klettern erstiegen wird. Ich war mir aber unsicher, ob ich es alleine versuchen sollte, daher buchte ich mir einen Bergführer. Vorweg gesagt, war das die richtige Entscheidung und wenn jemand einen super Guide im Lechtal braucht, kann ich da eine sehr gute Empfehlung geben und den Kontakt weiterleiten.
Los ging es um kurz nach 7 Uhr in Elbingenalp im Lechtal. Markus, mein Guide, hatte ein E-Bike dabei und ich lief zu Fuß. Nächstes Mal nehme ich auch mein Bike mit. Wir trafen uns an der Gibler Alm, die ich nach einem kurzen Anstieg erreichte. Das nächste Etappenziel war die Zargenalm. Markus düste erneut mit dem Bike vor, ich wanderte in Ruhe hinterher. Ab der Zargenalm ging es gemeinsam in das wunderschöne Bernhardstal hinein. Wirklich ein tolles Tal! Vor allem war es sehr ruhig, so dass ich die Natur auch vollends genießen konnte.
Es war dann aber auch schnell Schluss mit lustig und wir stiegen steil auf einem sehr schönen Weg hinauf ins Birgerkar. so gewannen wir schnell Meter um Meter an Höhe . Technisch war dieser Weg nicht weiter schwer. Weiter ging es dann in Richtung Schafschartl, vorbei am Hermannskarturm zum Hermannskarsee. Auf dem Weg hatten wir das Glück einen weiblichen Steinbock aus der Nähe zu sehen. Ich finde es immer wieder beeindruckend wie schön diese Tiere sind. Am See, der leider nur zur Hälfte gefüllt war, legten wir eine Pause ein und schauten uns den Aufstieg zum Einstieg in den Nordgrat an. Wir hatten eine beeindruckende Fernsicht, aber später mehr dazu. Ich genoss die Aussicht sehr und sog sie regelrecht in mich auf. Es hat so etwas Beruhigendes und Erdendes. Der Aufstieg ging durch ein Schotterfeld, teils mit richtig großen Steinen. Es handelte sich um einen nicht markierten Weg und obwohl er nur ein kurzes Stück lang war, musste ich wirklich etwas kämpfen und mich schon ordentlich konzentrieren, um nicht abzurutschen. Es hat beruhigte mich irgendwie, dass es Markus ähnlich ging, auch wenn es bei ihm zugegebenermaßen viel lässiger aussah. Oben am Einstieg angekommen, hieß es erst einmal durchschnaufen und den Blick in alle Richtungen genießen. Beim Blick auf den Grat musste ich innerlich schlucken und war sehr froh, dass ich nicht solo unterwegs war. Also schnell die Jacke angezogen, es war echt frisch und windig, Klettergurt angelegt und Helm auf. Markus nahm mich dann an die Leine und startete.
Der Einstieg war ein wenig tricky, da man gleich um einen Fels herum musste und dieser, wie vieles an diesem Berg sehr brüchig war. Also hieß es bei jedem Griff und Tritt zu testen, ob der Fels überhaupt fest war. Dazu kam noch, dass es wirklich sehr luftig war. Aber ich hatte nie ein Unsicherheitsgefühl und war in sehr guten Händen. Dazu gab es die ganze Tour hindurch auch keine Stelle, die ich nicht gut erklettern konnte. Es ging dann direkt in eine Rinne hinein. Markus kletterte vor und ich hinterher, sobald die Sicherung lag. Die Rinne hatte es durch das lose Gestein schon in sich, war aber gut machbar. Hier merkte ich, dass mir meine Klettererfahrung von früher half. Nach der Rinne ging es dann immer weiter, Schritt für Schritt bergauf. Es bereitete wirklich viel Spaß und war eine anregende Kletterei im II-III Schwierigkeitsgrad. Das Gelände war schon herausfordernd und ausgesetzt. Zum Glück konnte ich damit umgehen und wurde mit einer wahnsinnigen Fernsicht belohnt. Um uns herum kreiste sogar ein Adler und ließ sich von der Thermik nach oben tragen. Dann ging es in den letzten Aufschwung zum Gipfelgrat. Die Kletterei machte hier irre viel Spaß und das letzte Stück, von dem aus ich schon das Gipfelkreuz sehen konnte, war schönes Gehgelände – für Leute, die gerne auf einem sehr luftigen, eher schmalen Grat in 2600 m Höhe gehen. Am Gipfelkreuz angekommen war ich sehr glücklich und stolz es geschafft zu haben. Wir legten eine längere Rast ein und verspeisten unser Gipfelvesper. Es gab eine überragende Sicht von hier oben, bis hin zum Ortler. Beeindruckend! Das Nebelhorn mit dem gesamten Hindelanger Klettersteig war super zu sehen, der Hochvogel und so viele andere Gipfel. Die Bucketlist füllte sich erneut. Irgendwie habe ich zu wenig Zeit, aber es entwickelten sich neue Wünsche und Ideen, die ich sehr gerne verwirklichen möchte, z.B. ein „hike and fly“ mit Markus, meinem Bergführer.
Leider mussten wir dann aufbrechen und traten über den Normalweg den mir bereits bekannten Rückweg an. Der Abstieg ist im I Schwierigkeitsgrad anzusiedeln und unproblematisch. Aber auch hier sollte jeder Schritt sitzen, da es steil herunter geht. Der Schotter nervte mich aufgrund meines lädierten Knies, da ich sehr bewusst laufen musste. In der Krottenkopfscharte angekommen hielten wir uns in Richtung Bernhardstal. Der Abstieg war sehr schön und abwechslungsreich und wir passierten noch ein großes Schneefeld. Dann ging es wirklich sehr steil, teils durch Latschengebiet, nach unten. Damit es mir nicht zu langweilig wurde, legte ich mich einmal auf die Nase. Die blauen Flecken haben es schon in sich, aber es gibt Schlimmeres. Nächstes Mal ziehe ich auch eine lange Hose zum Klettern an, damit es nicht ganz so viele Schrammen gibt.
Der Abstieg auf den Talboden war steil, abwechslungsreich und einfach schön. Am Boden angekommen, füllte ich erst einmal meine Flasche auf. Bergwasser schmeckt einfach herrlich. Dann ging es weiter durch das Tal, zurück zum Fahrraddepot. Hier angekommen hieß es nach dem Abschied alleine weiter zu gehen. An der Giebler Alm gönnte ich mir dann noch zwei große Holunderschorlen. Die Blicke meiner Tischnachbarn beim Anblick deren schnellen „Verdampfens“ waren schon köstlich. Dann hieß es noch die letzten Meter bis zum Auto zu gehen.
Wie bewerte ich diese Tour? Den Krottenkopf über den Normalweg zu machen kann ich jedem empfehlen. Wunderbar! Den Nordgrat sollte man sich gut überlegen. Es war eine mega Tour und die Kletterei hat sehr viel Spaß gemacht. Aber es ist kein Wandern! Neben Kondition, Trittsicherheit, Schwindelfreiheit ist hier wirklich auch mentale Stärke gefragt.
Dauer/Länge (inkl. Pausen):
9:25 h / 19,3 km
Höchste Wegschwierigkeit :
T6
Aufstieg (Höhenmeter):
1.640 m
Abstieg (Höhenmeter):
1.640 m
Besonderheiten:
Kraxeln bis UIAA III